Eine Affäre im Netz
Immer mehr Männer und Frauen gönnen sich einen Abstecher aus der trauten Zweierbeziehung und stellen sie damit gleichzeitig vor eine riesige Herausforderung. Der Seitensprung verursacht die größten Beziehungskrisen überhaupt, bietet damit aber auch die Chance, sich ernsthaft gemeinsam mit der Beziehung auseinanderzusetzen.
Ein Beitrag von der Partnerschaftsberaterin
Andrea Bräu
Die Affäre aus Fleisch und Blut
Begriffe wie Treue und Untreu beinhalten für die meisten Menschen automatisch die gemeinsame Sexualität. Unterhält einer der Partner in einer Beziehung ein weiteres, wie auch immer geartetes sexuelles Verhältnis, wird er dadurch untreu. Eine sexuelle Aktivität außerhalb der Kernbeziehung stellt damit in der Regel eine tiefgreifende partnerschaftliche Krise dar.
Dabei ist es allerdings nicht unerheblich, ob dieses Verlassen der Kernbeziehung nur ein One-Night-Stand ist, der durch seine Kürze kaum emotionale Nähe aufgebaut hat, oder eine länger dauernde Affäre mit hoher emotionaler Beteiligung. Mit der Dauer einer Affäre steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass der betrogene Partner die Nebenbeziehung nicht mehr verzeihen kann. Zu viele Lügen die zwangsläufig damit einhergehen, schaden dem gegenseitigen Vertrauen massiv und oft irreparabel.
Ist jedoch die Bereitschaft dazu vorhanden, kann man sich von einem Menschen auch wieder entwöhnen. Wo Begegnung Nähe schafft, lässt sich durch ein “nicht mehr Begegnen” wieder die nötige Distanz herstellen und die Energie wieder in die ursprüngliche Zweierbeziehung lenken, aber das geht nicht auf Knopfdruck.
Die Affäre im Netz
Sucht der Partner jedoch seine Befriedigung nicht mehr bei einem anderen Menschen, sondern gibt sich leidenschaftlich der Affäre im Internet hin, stehen die Chancen schlechter. Ein Kick jagt den nächsten, die relativ leichte Verfügbarkeit von Pornografie im Netz macht es möglich. Hier liegt die Gefahr darin, dass solche Menschen mit der Zeit die Fähigkeit verlieren, echten sexuellen Kontakt zu realen Menschen aufzubauen. Immer schneller, immer geiler und auf den (nur virtuellen) Partner keine Rücksicht nehmen zu müssen, geht eben nur im Netz. Hier ist alles auf schnelle Befriedigung ausgelegt, alles andere was das sexuelle Erleben zweier Menschen ausmacht, bleibt auf der Strecke. Gerade in Beziehungen in denen Sexualität ein Problem (geworden) ist, bietet sich die Flucht ins Internet als scheinbar bequeme Lösung an.
Der echte Mensch bleibt auf der Strecke
Stundenlanges masturbieren vor dem Rechner, während der Partner nichts davon ahnt, und das Erstaunen über die daraus resultierende Lustlosigkeit, sind dann an der Tagesordnung. Immer größer und extremer werden die pornografischen Anforderungen der Abhängigen um überhaupt noch Befriedigung zu erlangen. Eine Spirale aus der Betroffene nicht leicht wieder herausfinden. Denn keine fremde Hand, oder keine Vagina können dieses Gefühl, wie es durch permanente Reizüberflutung entsteht, ersetzen. Wird nicht rechtzeitig die Notbremse gezogen, kommt es zwangsläufig zur Entfremdung nicht nur vom Partner, sondern vom echten Menschen allgemein. Die künstlich hochgezogene Erregungs- und Orgasmusschwelle, beeinträchtigt jeden sexuellen Austausch zwischen echten Menschen, oder macht ihn gar unmöglich.
Ist die Äffäre im Netz gefährlicher als der Klassiker Seitensprung?
Riskant für eine Beziehung sind beide Formen des Fremdgehens. Bei der realen Nebenbeziehung liegt die Gefahr darin, dass sich mit steigender Dauer eine Eigendynamik entwickelt, welche das Risiko sich zu verlieben beeinhaltet.
Der anonyme, immer verfügbare sexuelle Rausch im Internet dagegen, bringt die Gefahr mit sich irgendwann nicht mehr zu echten sexuellen Beziehungen mit realen Menschen fähig zu sein. Wünschenswert in einer Beziehung ist keines von beiden. Der Weg aus der “Sucht” ist jedoch vermutlich der schwierigste.
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